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Komponieren für Alphorn

Als alphornspielender Komponist bzw. komponierender Alphornsolist hielt ich lange Zeit Ausschau nach klassischen und romantischen Werken für Alphorn. Doch das einzige Stück, das ich fand, war die Sinfonia Pastorella von Leopold Mozart. Hier darf das Alphorn in folkloristischer Anmutung und volksmusikalischer Spielart ein ländliches Kolorit beisteuern. Das funktioniert wunderbar, schöpft aber die spieltechnischen Möglichkeiten des Alphorns nicht aus und nimmt das Instrument auch nicht wirklich ernst.

Ich hatte immer vor, das Alphorn wegen seines einzigartigen warmen und kraftvollen Tons irgendwann einmal in klassischen Konzerten als echtes Soloinstrument zu präsentieren. Nachdem aber alle früheren Komponisten einen großen Bogen um das Instrument gemacht hatten, blieb mir nur übrig, selbst für das benötigte Repertoire zu sorgen.

Den Anstoß dazu gab eine Einladung 1998 zu einer Hochzeitsfeier nach London, zu der ich als besondere Attraktion ein geliehenes Alphorn mitnahm, um ein paar originale Schweizer Weisen zu blasen. Am Abend vor der Hochzeit erfuhr ich, dass dort eine hochkarätig besetzte Jazzband spielen würde und ich beschloss spontan, eine Alphorn- Jazzballade zu komponieren. Wir spielten das Stück damals direkt vom Blatt. Die Begeisterung der Hochzeitsgesellschaft veranlasste mich, systematisch die kompositorischen und spieltechnischen Möglichkeiten des Alphorns auszuloten.

Ich begann mit der Epoche der Wiener Klassik, experimentierte parallel mit Jazz und diversen lateinamerikanischen Musikstilen, schrieb einige zeitgenössische Werke, ein Minimal Music Stück und einen kleinen romantischer Walzer im Stile von Tschaikowsky. Doch es sollte noch einige Jahre dauern, bis meine kompositorischen Fähigkeiten so weit entwickelt waren, dass ich ein impressionistisches Werk in der Klangsprache Debussy's und ein stilechtes romantisches Solokonzert für das Alphorn in Angriff nehmen konnte.

Die größte Hürde war dabei der begrenzte Tonvorrat des Alphorns, der einen weitgehenden Verzicht auf melodische Halbtonschritte erzwang. Das war eine große Herausforderung, denn gerade die romantische und impressionistische Tonsprache lebt vom Halbtonschritt. Er ist dort das zentrale, eigentlich unverzichtbare Gestaltungs- und Ausdrucksmittel. Nachdem in der Naturtonskala des Alphorns aber nur ein einziger Halbton in einer praktikablen Lage vorkommt, bedarf es einiger ganz besonderer kompositorischer Kniffe, um diesen Beschränkung nicht als Mangel spürbar werden zu lassen.

Am Ende – und das möchte ich mit meinen Werken den Konzert-besuchern zeigen - ist das Alphorn in seinen Ausdrucksmöglichkeiten  nicht wirklich begrenzt...

Rainer Bartesch


Foto: Michael Steiner
Ich spiele auf einem Alphorn von Mathieu Lamey, Colmar


 
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